Akromegalie

Als Akromegalie (altgriechisch “äußerst”, megas “groß”) wird eine ausgeprägte Vergrößerung der Körperendglieder oder vorspringenden Teile des Körpers (Akren) bezeichnet. Hierzu zählen, besonders auffällig, Hände, Füße, Kinn und Unterkiefer, Ohren, Nase und Augenbrauenwülste.
Ursache ist in fast allen Fällen ein gutartiger Tumor der Hirnanhangsdrüse (Adenom der Hypophyse), der eine erhöhte Ausschüttung des Wachstumshormons mit den genannten Folgen bewirkt. Wenn die Akromegalie in der Wachstumsperiode auftritt, kann ein so genannter Riesenwuchs entstehen.

Ursachen

Ursache einer Akromegalie ist in über 98% ein Wachstumshormon-produzierender Tumor (Adenom) des Hypophysenvorderlappens. Man unterscheidet Mikroadenome (< 10 mm) von Makroadenomen (>10 mm). Letztere können durch ihr ausdehnendes (expansives) Wachstum die Funktion der Hirnanhangsdrüse beeinträchtigen (partielle Hypophyseninsuffizienz) als auch zu Gesichtsfeldsausfällen führen. Diese kommen durch eine Kompression des Sehnervs (Chiasma opticum) zustande. Weitere lokale Folgen durch den Tumor sind Kopfschmerzen oder auch Krampfanfälle.
Neben diesen lokalen Erscheinungen sind durch die Ausschüttung hoher Konzentration von Wachstumshormonen (GH: growth hormone) und dem damit verbundenen IGF-1 Spiegel (insulin-like-factor) systemische Veränderungen im Körper zuerkennen (siehe klinische Symptome). Zu den seltenen Ursachen einer Akromegalie gehören Wachstumshormon-bildende Tumore bei Krebsarten (Malignom) wie z.B. Bronchialkarzinome oder auch in sehr, sehr seltenen Fällen von Lymphomen. Darüber hinaus wurden GHRH-bildende Tumore beschrieben. Weitere sehr seltene Ursachen sind eine Mehrdrüsenerkrankung (multiple endokrine Neoplasie) Typ 1, die neben einem Hypophysentumor (z.B. Akromegalie) auch eine Überfunktion der Nebenschilddrüsen als auch Tumore der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) hervorrufen können. Eine genetische Untersuchung ist im letzteren Fall erforderlich.

Symptome

Die klinischen Symptome der Akromegalie sind charakteristisch. Meistens tritt die Akromegalie im Alter zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr auf. In seltenen Fällen kann die Akromegalie auch während der pubertären Wachstumsperiode entstehen, so dass hieraus ein Gigantismus erfolgt. Dies führt zu den häufig bekannten Giganten bzw. längsten Menschen über 220 cm bzw. 250 cm Körperlänge. Zu den typischen Symptomen der Akromegalie zählen die Vergrößerung der Hände und der Füße (Akren).


Darüber hinaus fällt eine Vergröberung der Gesichtszüge durch Hautfälterung als auch durch ein hervorstehenden Kinn und wulstige Lippen als auch eine knollige Nase auf. Die knöcherne Umrandung der Augen (Orbitae) ist ebenfalls prominent. Weiterhin zeigt sich eine deutlich erhöhte Schweißneigung (Hyperhidrosis). Durch eine Weichteilschwellung entstehen Nervenstörungen wie das typische Karpaltunnelsyndrom, welches zu Kribbelerscheinungen der Finger führen kann.

Bei Frauen kann durch die Störung der Hirnanhangsdrüsenfunktion die Regel ausbleiben, bei Männern entsteht ein Testosteronmangel. Es zeigen sich zudem bei Makroadenomen (große Adenome >10 mm) Kopfschmerzen als auch Krampfanfälle. Es entstehen durch die knöchernen Veränderungen und die Knorpelveränderungen Gelenkbeschwerden. Weiterhin kann ein Diabetes mellitus als auch eine häufig zu beobachtende Hypertonie (Bluthochdruck) auftreten. Bei Frauen kann eine vermehrte Behaarung (Hirsutismus) auftreten. Durch die Kompression des Sehnerves (Chiasma opticum) entstehen Gesichtsfelddefekte.
In neuerer Zeit fallen Akromegale durch ein vergrößertes Zungenvolumen und eine damit einhergehende Schnarchneigung mit einem häufig auftretenden Schlafapnoe-Syndrom auf. Weiterhin kann bei Frauen und sehr selten bei Männern ein Milchfluss aus den Brustdrüsen entstehen. Eine weitere größere systemische Veränderung ist eine Herzbeteiligung mit Vergrößerung des Herzmuskels und damit einhergehenden Herzrhythmusstörungen. Eine Verkalkung der Herzkrankgefäße wurde ebenfalls beschreiben. Darüber hinaus sind Klappenveränderungen ebenfalls beschreiben worden.

Da die Krebsrate bei Akromegalen durch das erhöhte Wachstumshormon und IGF1 erhöht ist, ist hier besonders auf Schilddrüsenkarzinome, Dickdarmkarzinome, Prostatakarzinome und Mammakarzinome zu achten. Weiterhin sind Kiefer- und Zahnveränderungen beschrieben worden. Akromegale verlieren durch das fortschreitende Kieferwachstum häufiger Zähne.

Durch eine adäquate Therapie (siehe unten) kann zum einen der Tumor verkleinert werden als auch durch die Hemmung der Wachstumshormonausschüttung und damit Erniedrigung des GH und IGF1 auch die Komplikationen bzw. systemischen Folgeerkrankungen deutlich reduziert werden. Der Herzmuskel verkleinert sich, das Schlafapnoe-Syndrom bessert sich, die Hypertonie und der Diabetes mellitus bessern sich. Die Gefahr einer Malignomentstehung wird durch eine suffiziente Therapie ebenfalls gemindert. Die Weichteilschwellung ist rückläufig, so dass Ringe als auch Schuhe und Handschuhe besser passen. Vormals

Diagnose

Von Beginn des Tumorwachstums bis zur Diagnosefindung liegen häufig mehrere Jahre, da die Krankheit sehr schleichend verläuft. Die äußerlichen sichtbaren klinischen Symptome entstehen sehr langsam. Diagnostiziert wird die Akromegalie durch einen erhöhten Wachstumshormonspiegel (GH: growth hormone) in Verbindung mit einem erhöhten altersentsprechenden IGF-1 (insulin-like-growth-factor-1-Wert).
In der Folge wird ein Zuckerbelastungstest (oGTT bzw. HGH-Supressionstest) durchgeführt, wobei im Falle einer Akromegalie das Wachstumshormon nicht abfällt. Hierdurch wird die Akromegalie hormonanalytisch im Blut gesichert.


Anschließend sollte sich eine kernspintomographische Untersuchung (MRT) der Hypophysenregion anschließen. Es ist bei dieser Untersuchung auf die möglichst enge Schichtführung zu achten, da ansonsten kleine Mikroadenome der Diagnostik entgehen können. Die Auswertung sollte von erfahrenen Neuroendokrinologen, Neurochirurgen oder Endokrinologen erfolgen

Therapie

Die Therapie fußt auf 3 verschiedenen Optionen.

o Medikamente
o Operation
o Bestrahlung

Primäres Ziel der Akromegalie ist operative Entfernung des Mikro- oder Makroadenoms. Bei initial auch nicht komplett zu entfernenden Makroadenomen kann hier auch eine Teilresektion (Debulking) durchgeführt werden, um den Wachstumshormonexzess zu reduzieren. Die Operation erfolgt durch einen Zugang durch ein Nasenloch oder auch unterhalb der Lippe. In seltenen Fällen muss seitlich der Stirn der Zugang gewählt werden. Neuere Therapieverfahren mit einer kernspintomographischen Kontrolle während der Operation als auch durch eine Wachstumshormonbestimmung während der Operation haben zu einer deutlichen Besserung der Operationsergebnisse geführt. Beim Makroadenom sind gelegentlich mehrere Operationen erforderlich bzw. möglich.


Ob eine vor der Operation zu injizierende medikamentöse Therapie sinnvoll ist, ist derzeit Gegenstand der Diskussion. Hier stehen Medikamente wie Dopaminagonisten (Bromocriptin oder Cabergolin) zur Verfügung. Somatostatinanaloga wie Octreotid (Sandostatin) oder Landreotid (Somatuline) sind hier seit Jahren potente Mittel, die die Wachstumshormonausschüttung hemmen und somit auch den IGF1-Spiegel. Zudem können sie den Tumor verkleinern. Das derzeit wirksamste Medikament ist der Wachstumshormonrezeptor-Antagonist Pegvisomant (Somavert). Dieser muss täglich injiziert werden und kann nach Studienlage in 98% den hierfür relevanten IGF-1-Spiegel normalisieren. Es schaltet zudem die Wirkung des Wachstumshormons aus. Die Somatostatinanaloga sind als Depotpräparat verfügbar und können alle 4-12 Wochen injiziert werden (wahlweise intramuskulär oder subkutan).


Als weitere Therapieoption ist eine gezielte Bestrahlung (stereotaktische Bestrahlung) der Hirnanhangsdrüse möglich. Diese ist auf kleine Resttumore beschränkt. Die Wirkung tritt hier nicht sofort ein. Zudem können gesunde Hirnanhangsdrüsenfunktionen in Mitleidenschaft gezogen werden. Computertomographisch bzw. kernspintomographisch ausgemessene Regionen haben hier die gezielte Projektion auf den Resttumor in den letzten Jahren deutlich gebessert.

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Arzt

Die ist ein Experten-Beitrag von:
Prof. Dr. med. Burkhard HerrmannProf. Dr. med. Burkhard Herrmann
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