Ermutigende moderne Behandlungsmöglichkeiten von Lebermetastasen

Lebermetastasen, fälschlicherweise auch als Leberkrebs bezeichnet, sind Absiedlungen eines bösartigen Tumors, der in einem anderen Organ, meistens Dickdarm, entstanden ist. Der Tumor hat somit gestreut. Während vor einigen Jahren die Behandlungsmöglichkeiten solcher Metastasen sehr eingeschränkt waren, gibt es heute viele Möglichkeiten, die sogar bei einem großen Teil der Patienten eine Heilung hervorrufen können.


Praktische Vorgehensweise
Heutzutage werden alle Patienten mit Lebermetastasen, aber auch mit allen anderen Tumorarten in einer Gruppe von Spezialisten vor Beginn einer Behandlung gemeinsam besprochen. Zu den Spezialisten gehören Chirurgen, Onkologen (führt die Chemotherapie durch), Gastroenterologen (führt die Darmspiegelung durch), Radioonkologen (führt die Strahlentherapie durch), Pathologen (untersucht das Gewebe unter dem Mikroskop), Radiologen (beurteilt die Röntgenbilder und das MRT) und niedergelassene Onkologen. Einmal wöchentlich werden sogenannte Tumorkonferenzen mit diesen Spezialisten abgehalten. Die Befunde werden zusammengetragen, damit gemeinsam beschlossen werden kann, welche Behandlung in welchen Schritten für den einzelnen Patienten am besten ist. Eine besondere Rolle spielt hierbei der Chirurg, der ausreichend Erfahrung haben muss, um entscheiden zu können, ob der Tumor operabel ist oder nicht. Mit dieser Information können dann die einzelnen Schritte der Behandlung besprochen werden.  Durch die moderne Chemotherapie können häufig die Metastasen verringert oder verkleinert werden, so dass eine inoperable Ausgangssituation dann später operabel wird. Die Entscheidungen werden in der Regel nach den Vorgaben der Leitlinien der deutschen Krebsgesellschaft, aber individuell auch nach den persönlichen Erfahrungen und den neusten internationalen Studienergebnissen getroffen. Im Anschluss an diese Konferenz wird dem Patienten das Ergebnis mitgeteilt und die Behandlungsempfehlung mitgeteilt.
Welche Untersuchungsmethoden gibt es?
Eine Vielzahl moderner Untersuchungsmethoden sind in der Lage die Situation der Lebermetastasen sehr genau darzustellen.


Ultraschall:
Dies ist eine einfache und kostengünstige, jedoch genaue Methode, um Veränderungen an der Leber festzustellen. Diese Untersuchung wird meist durch den Hausarzt durchgeführt und kann zum Teil sogar zwischen verschiedenen Veränderungen unterscheiden. So kann z.B. klar eine flüssigkeitsgefüllte Zyste von einem festen (soliden) Tumor unterschieden werden.  Ein erfahrener Arzt ist in der Lage, die Metastasen frühzeitig zu erkennen. Zur besseren Darstellung kann Kontrastmittel eingesetzt werden. Für eine Operationsplanung reicht diese Untersuchung jedoch nicht aus, so dass die folgenden Untersuchungen vor den Therapieentscheidungen zum Einsatz kommen

Computertomographie (CT)
Hierbei handelt es sich um eine Untersuchung, bei der Röntgenstrahlen eingesetzt werden. Der Patient fährt mit der Liege durch einen großen Ring, während dessen, spiralförmig die Röntgenröhre um den Patienten kreist. Der Computer errechnet dann die Bilder. Meist wird die geröntgte Körperregion in Querschnitten dargestellt. Der Vorteil gegenüber der Ultraschalluntersuchung ist die genauere Darstellbarkeit des Tumors in Bezug zu den Gefäßen und Gallengängen. Das sind wichtige Informationen für den Chirurgen, der die Operation an Hand dieser Bilder planen muß. Des Weiteren kann das Lebervolumen von dem zu entfernenden oder dem verbleibenden Leberanteil errechnet werden, so dass hier das Ausmaß und die möglichen Folgen des Leberversagens besser eingeschätzt werden können.

MRT
MRT steht für Magnet Resonanz Tomographie.  Ähnlich wie bei CT wird der Körper in Schichten dargestellt. Die Untersuchung wird in einer „Röhre“ durchgeführt. Eine Unterscheidung verschiedener Knoten in der Leber ist oft noch genauer möglich als bei der CT.

Welche Behandlungsformen werden eingesetzt?
Bei Lebermetastasen kommen im Wesentlichen die Operation und die Chemotherapie zum Einsatz. Im Prinzip gilt hier, dass die Metastasen, die komplett durch eine Operation geheilt werden können, operiert werden sollten. Falls mehrere oder größere Metastasen bestehen, kommt meist eine Kombination aus Chemotherapie und Operation zum Einsatz. Bei sehr ausgedehnten Befunden ist eine Operation vielleicht nicht mehr möglich, so dass nur die Chemotherapie angewendet wird.

Operation
Nur die komplette Entfernung aller Tumorknoten durch eine Operation kann eine Heilung bewirken. Die Möglichkeiten der erfolgreichen Operation haben sich in den letzten 20 Jahren sehr viel verbessert. Bevor eine Leber operiert werden kann, müssen viele Faktoren abgeklärt werden. Es gilt hierbei heutzutage, dass auch mehrere, viele oder große Tumoren operiert werden sollten, sofern eine Chance besteht, sie komplett zu entfernen. Wenn dies nicht sofort möglich ist, kommt zunächst die Chemotherapie zum Einsatz. Zu einem späteren Zeitpunkt wird erneut untersucht, um zu entscheiden, ob nach erfolgreicher Chemotherapie nun doch eine Operation mit der kompletten Beseitigung möglich geworden ist.  Vor der Operation müssen folgende Faktoren bewertet werden:

1. Kann der Tumor oder die Tumoren komplett entfernt werden?
2. Verbleibt genügend Lebergewebe, um die Funktion aufrecht erhalten zu können?
3. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen bei einem bestimmten Eingriff?
4. Kann ich einem bestimmten Patienten (hohes Alter, Begleiterkrankungen) eine solche Operation zumuten?
5. Hat die Leber eine Vorschädigung (Zirrhose, Fettleber)?

Operationstechniken
Offene Operationstechnik
Einzeitige Leberteilentfernung
Die Leber wird hier mit einer einzigen Operation zum Teil entfernt. Dies ist die häufigste Form der Leberoperation, bei der ein oder mehrere Tumoren in der Leber chirurgisch entfernt werden. Die offen chirurgische Technik ist die sicherste Methode und zeigt die besten Langzeitergebnisse. Bis zu zwei Drittel der Leber können so entfernt werden. Bei mehreren Metastasen können auch mehrere Abschnitte in linken und rechten Leberanteil entfernt werden.
Zweizeitige Leberteilentfernung
Falls bei der Leberoperation zwar technisch die Entfernung der Tumoren möglich ist, aber die verbliebene gesunde Leber zu klein ist, kann man sich die Eigenschaft der Leber zu Nutze machen, nachzuwachsen. Wenige Monate nach der Leberteilentfernung erreicht die Leber nahezu wieder Normalgröße.  Auf diese Weise gelingt es häufig, zunächst einen Teil der Leber auf der einen Seite zu entfernen, um dann nach ca. 6 Wochen Pause die Tumoren auf der anderen Seite zu entfernen. So gerät der Patient nicht in Gefahr, in ein Leberversagen nach der Operation zu rutschen. Wenn es sich um einen einzelnen Tumor handelt, der sehr groß ist, kann es sein, dass die verbleibende gesunde Leber ebenfalls zu klein ist. In diesen Fällen kann durch Verschluss eines Lebergefäßes der einen Seite (Pfortaderast), die andere Seite  der Leber zum Wachstum stimuliert werden, so dass dann nach 4 – 6 Wochen die verbleibende Leber ausreichend groß ist, so dass die erkrankte Leberseite operiert werden kann, ohne dass sich ein Leberversagen entwickelt.
Leberoperation mit Schlüssellochtechnik
Die Operation mit kleinen Schnitten kann in bestimmten Situationen erfolgreich angewendet werden. Am häufigsten werden kleine Leberabschnitte als Keilentfernung durchgeführt. Auch größere Leberabschnitte können im Einzelfall entfernt werden. Es ist jedoch kein Standard und die Übersicht für den Operateur ist reduziert. Somit kann diese Technik nur als Ergänzung und weitgehend experimentell gelten.
Entfernung der Tumorknoten mit Sonden
Eine attraktive Vorstellung der Leberoperation ist das Verbrennen der Knoten mit Sonden, die durch die Haut eingeführt werden. Verschiedene Verfahren kommen hier zum Einsatz. Alle Verfahren zerstören die Tumoren.  Hitze, Laser, Mikrowellen, Strahlen, Kälte und Alkohol kommen hier zum Einsatz. Am weitesten verbreitet ist die sogenannte Radiofrequenzablation, die mit einem Wechselstrom Hitze im Tumor erzeugt und die Tumoren verbrennt. Einschränkend ist festzustellen, dass die Langzeitergebnisse weniger gut sind, als die chirurgische Teilentfernung der Leber. Dennoch ist es sinnvoll, als Ergänzung bei kleinen Tumoren oder bei Patienten mit schweren Begleiterkrankungen diese Verfahren anzuwenden, so dass sie zum festen Bestandteil des Spektrums eines Leberchirurgen gehören.
Wiederkehrende Metastasen
Falls Metastasen wiederkehren, muss erneut die Situation abgeklärt und diskutiert werden. Häufig ist eine erneute Operation möglich. Bei einer guten Nachsorge werden die erneuten Metastasen entdeckt, wenn sie klein sind, so dass hier auch häufig die Behandlung mit den beschriebenen Sonden, z.B. die Radiofrequenzablation zum Einsatz kommt. Auch bei wiederholt neu auftretenden Tumoren ist eine Behandlung meist möglich und wird jedesmal erneut in den Tumorkonferenzen besprochen und beschlossen.

Chemotherapie
Gerade in den letzten Jahren haben sich die Möglichkeiten und deren Erfolge erheblich verbessert. So beobachtet man in den meisten Fällen ein Ansprechen auf die Chemotherapie.  Obwohl mitunter die Tumorknoten bei der Kontrolle nicht mehr erkennbar sind, weiß man, dass in den aller meisten Fällen mikroskopische Reste verbleiben, so dass eine Operation auf jeden Fall Bestandteil der Behandlung bleiben muss. Häufig kann aus einer anfänglich nicht operablen Situation durch die erfolgreiche Chemotherapie Operabilität erreicht werden, so dass dann das Ziel der Heilung verfolgt werden kann, denn Heilung kann nur durch die komplette chirurgische Entfernung der Tumoren erreicht werden.

Zusammenfassung und Aussichten
Es können 3 verschiedene Situationen beschrieben werden, die jeweils eine andere Behandlung benötigen:
Situation 1:
Die Metastasen können durch eine Leberoperation komplett entfernt werden
Behandlung1
Die Operation mit der Entfernung aller Tumorknoten ist die Behandlungsart der ersten Wahl. Eine Chemotherapie kann ggf. im Anschluss erfolgen.
Situation 2:
Die Metastasen sind anfänglich nicht durch eine Operation komplett entfernbar.
Behandlung 2:
Einer Chemotherapie wird eingesetzt,  um die Metastasen zu verringern oder zu verkleinern. Nach einigen Wochen erfolgt eine erneute Untersuchung der Leber, um das Ansprechen der Chemotherapie zu überprüfen. Falls zu diesem Zeitpunkt der Leberchirurg eine Möglichkeit erkennt, die Tumoren durch eine Operation komplett zu entfernen, sollte dies auch durch einen erfahrenen Leberchirurgen erfolgen. Ob im Anschluss die Chemotherapie fortgesetzt wird, wird im Einzelfall in der entsprechenden Tumorkonferenz beschlossen.
Situation 3
Eine Operation ist wegen einer ausgedehnten Aussaat von Metastasen über die gesamte Leber voraussichtlich auch nach Chemotherapie nicht möglich.
Behandlung 3
Hier erfolgt eine alleinige Chemotherapie ohne die Möglichkeit der Operation

Das Ziel der Behandlung ist es, die Metastasen komplett zu entfernen. Die gelingt entweder durch eine Operation als einzige Maßnahme oder durch eine sinnvolle Kombination aus Operation und Chemotherapie. Wenn es gelingt, die Metastasen komplett zu entfernen, ist mit einer guten Chance ein Langzeitüberleben möglich.

Arzt

Die ist ein Experten-Beitrag von:
Prof. Dr. Dr. h. c. Guido SchumacherProf. Dr. Dr. h. c. Guido Schumacher
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