Minimal-Invasive Chirurgie oder Schlüssellochchirurgie

Allgemeines

Unter Minimal Invasiver Chirurgie (MIC) versteht man eine Operationstechnik, bei der man sich auf winzige Schnitte an Haut/Bauchdecke beschränkt, um an das Organ bzw. den Ort zu gelangen, an dem der Eingriff stattfindet.
In den meisten Fällen handelt es sich um laparoskopische Chirurgie (Laparoskopie: Spiegelung der Bauchhöhle). Es sind aber auch minimal invasive chirurgische Eingriffe außerhalb der Bauchhöhle möglich (z.B. bei einer bestimmten Art der Leistenbruch-Operation). Bei all diesen minimal invasiven Eingriffen wird eine Optik mit angeschlossener Kamera über einen winzigen Schnitt an den Ort des Geschehens gebracht. Die Kamera ist mit einer  Video-Kette verbunden, sodass man als Operateur die Operation auf einem Bildschirm  verfolgt, mittlerweile in HDTV-Qualität. Über weitere sehr kleine Schnitte werden spezielle Operationsinstrumente eingebracht. Man nennt diese Technik daher auch Videoendoskopische Chirurgie. Der Begriff „Schlüssellochchirurgie“ ist ebenfalls allgemein verbreitet und schildert am anschaulichsten, worum es geht.

Es gibt einige Vorteile  der Minimal Invasiven Chirurgie gegenüber der konventionellen Chirurgie:

geringeres Operationstrauma
weniger Verwachsungen
seltener Wundinfekte
weniger Bruchbildung
weniger Schmerzen
raschere Erholung
besseres kosmetisches Ergebnis

Die Sicht bei der Minimal Invasiven Chirurgie ist sehr gut. Die Abbildung auf dem Monitor ist vergrößert und dank digitaler Technik inklusive HDTV absolut scharf, sodass sich manche Strukturen bei dieser Technik sogar besser beurteilen lassen als bei „Schnitt-Operationen“.
Dennoch bleibt die klassische, offene Operationstechnik etabliert.
Nahezu alle Operationen, die in klassischer Weise offen chirurgisch durchgeführt werden, sind auch durch die Schlüssellochchirurgie möglich.


Cholezystektomie (Entfernung der Gallenblase)

Beim Gallensteinleiden stellt das Entfernen der Gallenblase durch Schlüssellochchirurgie den Standard dar.
Auch bei akuter Entzündung der Gallenblase (akute Cholezystitis) kann die Gallenblase in der Regel sehr gut laparoskopisch entfernt werden.


Fundoplikatio

Es handelt sich um eine „Ventil“-Operation an der unteren Speiseröhre, um ein Zurückfließen der Magensäure zu stoppen. Patienten, die an einer Entzündung der unteren Speiseröhre mit Sodbrennen leiden, können durch diese Operation erfolgreich behandelt werden. Die Operation stellt eine gute Alternative zur medikamentösen Behandlung dar.


Schlüssellochoperationen an Darm

Sowohl bei gutartigen, meist entzündlichen Erkrankungen, wie auch beim Krebs des Dickdarmes und des Mastdarmes (Karzinom), können laparoskopische Operationen gut durchgeführt werden. Besonders gut eignen sich die auf der linken Körperseite gelegenen Darmabschnitte.
Die gesamte  Dickdarm- und Mastdarmchirurgie wird auch bei uns minimal invasiv betrieben.

Stets wird aber individuell entschieden, ob dem Patienten oder der Patientin ein laparoskopisches Verfahren oder eine offen chirurgische Operation über einen Bauchschnitt vorgeschlagen wird.
Häufige Beispiele für die laparoskopische Dickdarmchirurgie ist die Sigmaresektion und die Rektumresektion:

Sigmaresektion bei Divertikulitis

Das Sigma ist ein auf der linken Seite liegender Dickdarmabschnitt. Der Name ist auf die kurvige Form zurückzuführen. Die deutsche Bezeichnung lautet S-Darm.
Divertikel sind kleine Aussackungen, in diesem Fall der Darmwand. Kommt es zu Entzündungen, der sog. Divertikulitis,  ist ggf. eine Operation erfoderlich, die Sigmaresektion (Resektion=Herausschneiden). Der befallene Darmabschnitt wird entfernt, die verbeibenden Darmenden miteinander verbunden.


Rektumresektion (= Entfernung des Mastdarms)

Es handelt sich um den untersten Abschnitt des Dickdarms, der sich vom Anus bis 16 cm nach oben erstreckt. Die komplette oder teilweise Entfernung ist in der Regel beim Mastdarmkrebs (Rektumkarzinom) erforderlich. Die Technik der Schlüssellochoperation ist identisch mit der Sigmaresektion, nur dass weiter Richtung Ausgang präpariert wird.

Appendektomie( Entfernung des Wurmfortsatzes)

Die Appendizitis (Entzündung des Wurmfortsatzes, im Volksmund auch „Blinddarmentzündung“ genannt) ist die häufigste Entzündung im Bauch, die durch eine Notfall-Operation behandelt werden muss. Dabei wird der Wurmfortsatz, der ein Anhängsel am eigentlichen Blinddarm darstellt,  entfernt.
Die Operation kann sehr gut durch  Schlüssellochchirurgie durchgeführt werden:


Magenchirurgie

Die meisten Eingriffe am Magen werden in unserer Klinik offen chirurgisch durchgeführt. In bestimmten Situationen  wird aber auch  die Minimal  Invasive Chirurgie angewendet.

Als Beispiel dient die laparoskopische Entfernung eines sog. GIST des Magens. GIST ist eine Abkürzung für Gastro-Intestinaler Stroma-Tumor.
Es handelt sich um seltene Tumoren, die überall im Magen-Darm-Trakt auftreten können. Am Magen lassen sie sich in der Regel gut durch die Schlüssellochchirurgie entfernen:


Nebennieren-Chirurgie

Die Nebennieren sind paarig angelegt und befinden sich oberhalb der Nieren, mit denen sie funktionell nichts zu tun haben. Die Nebennieren sind wichtige Hormondrüsen. In der Nebennierenrinde werden Steroidhormone gebildet, die am Wasser- und Mineralhaushalt beteiligt sind. Das Nebennierenmark gehört zum vegetativen Nervensystem und bildet Adrenalin und Noradrenalin.
Die Erkrankungen der Nebenniere werden in unserer Klinik durch Spezialisten der Inneren Medizin  behandelt, die sog. Endokrinologen. Mit ihnen besteht eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit. Unter Umständen kann eine Operation erforderlich werden, die sich in der Regel sehr gut minimal invasiv durchführen lässt.

Leistenbruch-Chirurgie

Allgemeines

Leistenbrüche sind Lücken in der Wand des Leistenkanals, durch die Bauchfell sowie Inhalt der Bauchhöhle direkt unter die Haut dringen kann. Da beim Mann der Samenstrang durch den Leistenkanal läuft, befindet sich hier eine gewisse Schwachstelle des Gewebes, die die Bildung eines Leistenbruchs begünstigt. Frauen sind viel seltener als Männer von Leistenbrüchen betroffen.
Klemmt  ein Bruch ein, sodass er nicht mehr in die Bauchhöhle zurückbewegt (reponiert) werden kann, muss eine Notoperation durchgeführt werden. Andernfalls könnte z.B. eingeklemmter Darm nicht mehr durchblutet werden und absterben.

Grundsätzlich sollten alle Leistenbrüche operiert werden.

Es gibt mehrere Operations-Methoden, die sich etabliert haben und auch in unserer Klinik angewendet werden.
Man unterscheidet Operationen, bei denen mit dem körpereigenen Gewebe die Bruchlücke verschlossen wird (z.B. die sogenannte Operation nach Shouldice) von Eingriffen, bei denen ein nicht resorbierbares (nicht vom Körper auflösbares) Kunststoffnetz eingebaut wird.
Diese Netze können offen chirurgisch (Operation nach Lichtenstein) oder minimal invasiv eingesetzt werden.
Der Einbau von Kunststoffnetzen hat sich  allgemein durchgesetzt, vor allem, weil es seltener zu erneuten Brüchen (Rezidiv-Brüchen) kommt.

Welche Operationsmethode für den Patientien die beste ist, wird in unserer Klinik individuell nach gründlichem Gespräch und sorgfältiger körperlicher Untersuchung zusammen mit dem Patienten beschlossen.

Bei den minimal invasiven Verfahren unterscheidet man eine Technik, bei der man sich operativ außerhalb der Bauchhöhle befindet (sog. TEP) von dem laparoskopischen Verfahren (TAPP), bei dem durch die Bauchhöhle operiert wird. In unserer Klinik bevozugen wir letzteres, die sogenannte TAPP (englische Abkürzung für  Trans-Abdominal Pre-Peritoneal).

TAPP
Die Operation beginnt mit einer diagnostischen Laparoskopie (Bauchspiegelung). Dies stellt einen gewissen Vorteil gegenüber anderen Verfahren dar. Weitere krankhafte Veränderungen könnten möglicherweise sichtbar werden. Auch die Beurteilung, ob überhaupt ein Leistenbruch besteht, kann im Zweifelsfall gut durch die Laparoskopie erfolgen.
Die TAPP bietet die Möglichkeit, bei beidseitigen Leistenbrüchen beide Seiten durch nur einen Eingriff zu operieren.

Arzt

Die ist ein Experten-Beitrag von:
Prof. Dr. Dr. h. c. Guido SchumacherProf. Dr. Dr. h. c. Guido Schumacher
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