Die Therapie des Lungenkarzinoms

 

Das Lungenkarzinom ist die häufigste bösartige zum Tode führende Erkrankung beim Mann und inzwischen auch die zweithäufigste bei der Frau.

Die häufigste Ursache bleibt nach wie vor der Tabakrauch.  Mehr als 90 Prozent der Männer und rund 60 Prozent der Frauen mit Lungenkrebs waren über längere Zeit Raucher. Mit weitem Abstand folgen Arbeitsstoffe (z.B. Asbest, Radon), Lungennarben, Passivrauchen und die familiäre Belastung (Vererbung).

 Pro Jahr erkranken in Deutschland über 52.000 Menschen an Lungenkrebs, ca. 44.000 Menschen sterben jährlich daran. Symptome sind in der Regel unspezifisch und treten spät auf. Deshalb ist bei fast 2/3 aller Patienten das Bronchialkarzinom schon zum Zeitpunkt der Diagnosestellung nicht mehr operabel.  Die Möglichkeiten der Frühdiagnostik sind sehr begrenzt. Von niedrig dosierten Computertomografie-Reihenuntersuchungen, Atemgas- und Blutanalysen bis zum Einsatz von Krebsspürhunden ist vieles im Gespräch. Eine etablierte und in Deutschland anerkannte Methode gibt es bisher nicht.

Bei den Lungenkarzinomen unterscheidet man die sogenannten kleinzelligen von den nicht-kleinzelligen Karzinomen und deren  Unterarten.

 Die klassische Therapieoptionen zur Behandlung dieser Erkrankungen ist die Operation, die Strahlentherapie und die Chemotherapie. Allerdings findet man bei 20-25% der Fälle genetische Veränderungen, bei denen neue chemotherapiefreie Therapien bereits der Standard  sind. Um diese Patienten zu finden,  sind molekulare Untersuchungen notwendig.

Bei den verbleibenden ca. 80% finden sich diese molekularen Veränderungen nicht. Neben den klassischen Therapieansätzen gewinnen zunehmend Immunotherapien an Bedeutung, auf welche in diesem Artikel näher eingegangen werden soll.

Das Immunsystem ist ein sehr komplexes Gebilde, in welchem  fördernde und hemmende Faktoren in einem gut ausbalancierten Zusammenspiel die Aufgaben der Infekt-und Tumorabwehr regulieren. Dieses System hat sich in der Evolution gebildet und hat sich mit der Zeit immer weiter perfektioniert. Leider haben Tumorzellen mit der Zeit auch „gelernt“, diese Abwehrmechanismen zu umgehen. Die Tumorzelle ist weiter da, wird aber nicht mehr vom Immunsystem erkannt und folglich auch nicht bekämpft. An dieser Stelle greifen nun die neuen Immuntherapien ein. Hemmende Signale werden beseitigt, stimulierende Signale gefördert und damit  das Immunsystem wieder aktiviert.

Tumorvakzinierung (Impfungen)

Impfungen gegen Infektionserreger wie Bakterien und Viren haben sich bewährt und stellen eine Erfolgsgeschichte in der Medizin dar. Es liegt also nahe, dieses Prinzip auch bei Tumoren einzusetzen. In  der Vergangenheit gab es ermutigende Studien zu diesem Ansatz, welche sich allerdings in größeren Studien nicht bestätigen ließen. Dieses Konzept bleibt ein  spannendes Thema  und es wird weiter an verschiedenen Impfstrategien geforscht. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es aber dafür noch zu früh.

Checkpoint-Inhibitoren

Diese Medikamente stehen bereits zur Verfügung.  Ihr Wirkprinzip besteht, wie eingangs beschrieben, in der Reaktivierung des Immunsystems, indem hemmende Faktoren beseitigt oder stimulierende Faktoren gefördert werden.  2  Strukturen auf sogenannten T-(Abwehr-) Zellen haben in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung: PD-1 und CTLA-4.

PD-1 und PD-L1

PD-1 steht für „programmed death-1“. PD-1 ist eine Struktur (Rezeptor) auf der Oberfläche von Abwehrzellen.  Wenn sich an diesem Rezeptor ein  Ligand, ein  Molekül namens PD-L1, bindet,  wird die Abwehrzelle inaktiviert. Damit ergeben sich 2 Möglichkeiten der Einflussnahme:  Entweder man verhindert, dass dieser Ligand sich an PD-1 anheftet oder man sorgt dafür, dass der Ligand PD-L1 seinen Rezeptor nicht erreicht. Beides führt zu einer Stimulation des Immunsystems. Für beide Therapieprinzipien wurden Medikamente entwickelt, welche ihre Wirksamkeit bereits gezeigt haben.

CTLA-4

CTLA-4 steht für „cytotoxic T-lymphocyte antigen-4“.  Es ist eine Struktur auf der Oberfläche  der T (Abwehr-) Zellen, welche zu einer Abschwächung der Immunantwort führt. Um diesen Effekt wieder aufzuheben, muss CTLA-4 gehemmt werden. Auch dafür gibt es bereits Medikamente.

Nebenwirkungen

Chemotherapien sind häufig mit Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Haarausfall und Veränderung des Blutes verbunden. Man erhoffte sich, dass durch die neuen Medikamente keine oder zumindest weniger Nebenwirkungen auftreten. Dies ließ sich leider so nicht bestätigen. Durch den anderen Wirkansatz ergaben sich neue Nebenwirkungsprofile. Das reaktivierte Immunsystem kann sich auch gegen gesunde Zellen richten. Typische Nebenwirkungen sind Hautausschlag, Durchfälle, autoimmunologisch bedingte Leber- und Lungenentzündungen sowie Veränderungen verschiedener Laborwerte.

Prophylaxe

Die Prophylaxe des Lungenkarzinoms lässt sich einfach umschreiben. Da die meisten Fälle durch das Tabakrauchen verursacht werden ist die effektivste Methode, mit dem Rauchen aufzuhören.  Im Arbeitsleben sollte im Umgang mit Gefahrstoffen auf einen ausreichenden Atemschutz geachtet werden. Zudem gibt es auch Hinweise, dass ein hoher Obst- und Gemüsekonsum das Lungenkrebsrisiko senkt.

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Arzt

Die ist ein Experten-Beitrag von:
Dr. med. Michael WürfelDr. med. Michael Würfel
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