Angst

Wie schön wäre das Leben ohne Angst! Aber sie bleibt, und wir bekommen sie nicht weg. Mensch sein ohne Angst gibt es nicht! Jede Angst hat ihren Grund. Jede! Immer dient die Angst dem Schutz vor Beschädigung. Immer! Angst ist reduktiv, der Schutz braucht Begrenzung, gleichsam Grenzmauern, Wälle, Burgen, Festungen. Wir sehen immer nur das Jetzt und Hier und stellen dann manchmal fest, dass unsere Angst dazu gar nicht passt, viel zu groß ist, und wir viel zu sehr durch sie eingeengt werden. Aber wie viel Energie wir einerseits in Schutz und Abwehr stecken und wie viel Lebenskräfte wir andererseits für unsere Entwicklung, für Probieren und Versuchen zur Verfügung haben, hängt ab von den Erfahrungen der Vergangenheit. Eigene Erfahrungen, die Erfahrungen der Vorfahren und kollektive Erfahrungen. Das einst Angst machende kann weit zurück liegen und ist von seinem Sachverhalt her der Erinnerung nicht mehr zugänglich. Doch die an den ehemaligen Sachverhalten gebundenen Emotionen der Angst werden von Generation zu Generation weiter gegeben. Dann erleben wir im Hier und Jetzt die Angst unangemessen, unpassend, hinderlich, bedrückend, belastend und manchmal kaum erträglich. Und den Zusammenhang zwischen der Angst und dem Hier und Jetzt können wir nicht verstehen, weil uns der Sachverhalt, an dem die Angst in der Vergangenheit entstand, gedächtnismäßig nicht mehr zugänglich ist. 

Also gilt für die Behandlung jeder Angsterkrankung:

Aufdecken und Bewusstmachung der Angstquellen, oft aus weiter Vergangenheit. Dies gelingt nicht immer vollständig, da die genealogische Erinnerung der meisten Menschen allerhöchstens bis zu den Urgroßeltern zurück reicht.
Wissensmäßiges zusammentragen und Erinnern der eigenen Angsterfahrung und der Wahrnehmung von Ängsten bei den Vorfahren, die sich in den Ausdrucksformen der Angst zeigten: Kontrolle, Strafen, „Hysterie“, Süchte, Tyrannei, aber auch Schüchternheit, Rückzug, Menschenangst- und Verächtlichkeit, Reduktion.
Das Symbolische und damit Innerpsychische der Angst:Da steht jemand an der Supermarktkasse in der Schlange und wird plötzlich überfallen von Schwindel und der Angst zusammen zu brechen. Das Erleben von Einengung unter Menschen, die sich wie Vernichtung anfühlt. Dieses Vernichtungsgefühl war schon einmal da, ist gespeichert, aber bewusst zum alten Sachverhalt nicht abrufbar. Ereignis und Emotion sind getrennt. Der Zustand, in dem ich das Dasein eines nahen Menschen als beängstigend empfinden musste. Bewusstmachung der symbolischen Angst bewirkt Begreifen. Begreifen gibt die Möglichkeit zum Bearbeiten und Verändern. 
Vorstellungsmäßiges Angehen des Angst machenden: Keine Angst mehr vor dem beängstigenden Vorfahren! Es ist ein oft mühsamer therapeutischer Weg, aus Angst, Abwehr, Feindseligkeit und falschem Mitleid ein Betrachten zu entwickeln, das wir annehmen können.
Agieren; und zwar dort, wo agiert werden soll. Deutlich sein! Sagen, was gesagt werden muss. Tun, was getan werden muss. Zurückweisen, was zurückgewiesen werden muss.

  •  Krankheit: Angststörungen

Arzt

Die ist ein Experten-Beitrag von:
Dr. med. Matthias StephanDr. med. Matthias Stephan
[]