Sehen Sie auf Instagram oder TikTok gerade eine blaue Zunge, steckt vermutlich Methylenblau dahinter. Der Farbstoff ist vor allem bei Fitnessinfluencer:innen und Gesundheitsbewussten beliebt. Denn er soll geistig, körperlich und mental fit halten. Ist Methylenblau wirklich so gesundheitsfördernd wie manche versprechen?
Was ist Methylenblau?
Methylenblau wird schon seit vielen 100 Jahren als Farbstoff hergestellt. Dieser kommt zum Beispiel in der Textilindustrie oder zum Färben von Papier zum Einsatz. Auch in Laboren sind seine färbenden Eigenschaften beliebt, um etwa Bakterien unter dem Mikroskop besser zu erkennen.
Methylenblau wird aber auch in der Medizin verwendet. Als Notfallmedikament bei Methämoglobinämie sorgt es dafür, dass die Organe wieder ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Deshalb wird es zum Beispiel bei Nitrit- und Anilinvergiftungen, aber auch bei starken Nebenwirkungen durch Paracetamol oder die Droge Poppers injiziert.
Auch bei Malaria kann Methylenblau nachweislich helfen. Dort wurde es allerdings schon Anfang des 19. Jahrhunderts von anderen Wirkstoffen ersetzt. Zudem gibt es immer wieder Studien für andere Einsatzgebiete, zuletzt etwa bei Demenz. Bisher waren erste Ergebnisse allerdings nicht erfolgversprechend, sodass die Forschung dazu nicht weiterverfolgt wurde.
Wirkung Methylenblau: Mögliche Anwendungsgebiete
Methylenblau hat verschiedene Eigenschaften, die auch medizinisch genutzt werden können. So reduziert es zum Beispiel Methämoglobin im Blut. Deshalb ist es als Notfallmedikament bei einer Methämoglobinämie, bei der Methämoglobin vermehrt auftritt und den Sauerstofftransport zu den Organen blockiert, essentiell.
Daneben ist Methylenblau antibakteriell, was zeitweise in der Malaria-Therapie genutzt wurde.
Wegen seiner Ähnlichkeit mit einigen Antipsychotika wurde es außerdem schon als unterstützende Therapie bei bipolaren Störungen untersucht.
In der Theorie kann Methylenblau zudem die mitochondriale Funktion verbessern und Schäden, die etwa durch Umwelteinflüsse entstehen, reduzieren. Denn der blaue Farbstoff dringt tief in eine Zelle, bis zu den Mitochondrien, der Energiezentrale ein. Dabei überwindet er auch die Blut-Hirn-Schranke. Einige Forschende haben deshalb Hoffnung, dass es bei neurodegenerativen Erkrankungen, wie Parkinson und Alzheimer, eingesetzt werden könnte. Noch ist der Forschungsstand dazu aber eher gering.
Fitnessinfluencer:innen setzen Methylenblau vor allem ein, um fitter und leistungsstärker zu werden. Aber auch wenn der Farbstoff bis in die Energiezentrale unserer Zellen vordringt, bezweifeln Experten und Expertinnen, dass gesunde Menschen dabei einen spürbaren Effekt wahrnehmen können.
Dosierung Methylenblau: Vorsicht vor Überdosierung!
Die Studienlage zur Einnahme von Methylenblau ist dünn. Deshalb gibt es keine einheitlichen Dosierungsempfehlungen. Die meisten Anwender:innen sprechen von 1-2 mg pro kg Körpergewicht. Sehr viel wichtiger ist aber die tägliche Obergrenze. Denn bei einer Überdosierung kann es neben Übelkeit, Erbrechen, Schwindel und Kopfschmerzen auch zu einer Sauerstoffnot kommen.
Sie sollten deshalb nie mehr als 7 mg pro kg Körpergewicht Methylenblau einnehmen. Zudem sollten Sie unbedingt mögliche Wechselwirkungen beachten.
Mögliche Nebenwirkungen: Ist Methylenblau gefährlich?
Methylenblau zur Einnahme gibt es auf dem Markt nicht. Denn medizinisch wird es ausschließlich als Injektion verabreicht. Als Lösung oder Öl ist Methylenblau also kein zugelassenes Nahrungsergänzungsmittel. Viele der Produkte sind ausdrücklich als “Nicht zum Verschlucken” gekennzeichnet. Sie sind zum Färben von Textilien und Papier beziehungsweise zum Einsatz im Labor erhältlich. Dafür gilt ein anderer Reinheitsgrad. Das Methylenblau kann deshalb verunreinigt sein und auch gesundheitsschädlich Stoffe enthalten.
Zudem kann es bei der Einnahme von anderen Medikamenten zu erheblichen Wechselwirkungen kommen. Methylenblau sollte nicht mit Antidepressiva oder Antibiotika kombiniert werden. Denn dadurch kann das Serotonin-Syndrom ausgelöst werden. Die Folgen sind steigender Blutdruck, Herzrasen und im schlimmsten Fall Organversagen.
Nebenwirkungen von Methylenblau
Methylenblau färbt nicht nur die Zunge, sondern auch den Urin. Durch die Einnahme kann dieser eine grüne Färbung annehmen. Zusätzlich berichten Anwender:innen von Übelkeit und Verdauungsbeschwerden. Ob ein Langzeitgebrauch weitere Folgen hat, ist bisher nicht bekannt. Hierzu gibt es keine entsprechenden Studien.
Methylenblau aus der Apotheke?
Viele kaufen Methylenblau online bei Händlern für Laborbedarf. Da es dort allerdings keine Beratung oder Sicherheitshinweise zur Einnahme gibt, ist dies nicht zu empfehlen. Wäre es nicht eine bessere Idee, Methylenblau in der Apotheke zu bestellen?
Der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. ABDA rät Apotheken ganz klar davon ab, Methylenblau an Kunden und Kundinnen zu verkaufen. Da es keine zur Einnahme zugelassenen Präparate gibt, dürfen diese nur zum Färben oder für Labortätigkeiten bestellt und verkauft werden. Eine Beratung vor Ort ist nicht möglich. Letztendlich liegt die Entscheidung aber bei Ihrer Apotheke vor Ort, ob Methylenblau abgegeben wird.
Fazit: Methylenblau als Nahrungsergänzungsmittel ist nicht zu empfehlen
Einige Menschen berichten online davon, dass Sie durch Methylenblau mehr Energie und Ausdauer haben. Es soll sie mental stärker, im Alltag belastbarer und sportlich erfolgreicher machen. In der Theorie könnte Methylenblau diesen Effekt haben, so zumindest erste vorsichtige Erkenntnisse bei Tierversuchen. Verlässliche Studien gibt es dazu jedoch keine.
Dass Methylenblau durch eine falsche Anwendung, zum Beispiel durch Wechselwirkungen oder Überdosierung, ernste gesundheitliche Schäden verursachen kann, ist dagegen unbestritten. Die auf dem Markt erhältlichen Produkte sind zudem nicht geprüft und nicht zum Verzehr geeignet. Wer ohne ärztlichen Rat Methylenblau einnimmt, geht also ein hohes Risiko ein, ohne sichere gesundheitliche Verbesserung. Um die eigene Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu verbessern, sollten Sie deshalb besser auf andere Mittel und Tipps zurückgreifen, die bereits erprobt sind und einen größeren Effekt haben. Unterstützen kann Sie dabei zum Beispiel Ihr Arzt, Ihre Ärztin oder die Apotheke vor Ort.