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Psychische Belastung Blasenschwäche: Was hilft bei Inkontinenz?

Von: Elisabeth Maußner

Veröffentlicht: 24.11.2024

Lesezeit: 3 Min.

Behandlung | Psychologie

Frau hält eine Erwachsenenwindel in die Kamera. Daneben ein weiterer Stapel Windeln.
Neben den richtigen Hilfsmitteln können auch zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten bei Inkontinenz helfen. | © Михаил Решетников - stock.adobe.com

Erwachsene schaffen es immer rechtzeitig zur Toilette, haben keine Unfälle mehr und behalten die Kontrolle über ihre Ausscheidungen – so die allgemeine gesellschaftliche Annahme. Das dabei Millionen Menschen mit Inkontinenz ausgegrenzt werden, war lange Zeit nicht relevant. Inzwischen sprechen immer mehr Betroffene von der Erkrankung und der psychischen Belastung, die damit einhergeht. Denn das Inkontinenz so ein großes Tabuthema ist, macht den Alltag mit ihr oft unerträglich.

Was ist Inkontinenz?

Als Inkontinenz bezeichnet man das ungewollte Verlieren von Stuhl oder Urin. Die Ursachen hierfür sind vielfältig und müssen nicht zwangsläufig mit dem Schließmuskel zu tun haben. So kommt sie etwa bei Erkrankungen wie Parkinson, Demenz, Multipler Sklerose oder nach einem Schlaganfall vor. Auch eine vergrößerte Prostata kann bei Männern zu Inkontinenz führen. Zusätzlich ist sie als Nebenwirkung bestimmter Medikamente wie Betarezeptorenblocker und Diuretika und als Begleiterscheinung von Schwangerschaft und Geburt bekannt. Oft spielen auch psychische Faktoren wie Stress und Schamgefühl eine entscheidende Rolle bei der Entstehung einer Inkontinenz.

Über Inkontinenz sprechen: Der erste entscheidende Schritt

Es gibt zahlreiche Formen von Inkontinenz, doch sie alle haben eines gemeinsam: Die wenigsten Menschen sprechen darüber. Selbst mit engen Vertrauenspersonen wie dem oder der Partner:in können sich Betroffene oft nicht über die Belastung austauschen. Stattdessen ziehen Sie sich zurück, vermeiden potenziell unangenehme Situationen und gehen der Inkontinenz so gut wie möglich aus dem Weg.

Dieses Verhalten kann die Erkrankung jedoch verschlimmern. Gerade Stress, Ängste und psychische Belastung lösen die Inkontinenz oft aus. Ein entscheidender Schritt ist deshalb, zunächst offener mit den Problemen umzugehen. Das bedeutet nicht, dass jede(r) mit Inkontinenz freimütig über alle Malheure und Gefühle, die damit einhergehen, sprechen muss. Der Umgang mit der Erkrankung darf individuell an die eigenen Grenzen angepasst werden. Ist sie aber kein großes Geheimnis mehr, von der unter keinen Umständen jemand erfahren sollte, kann das die Situation erheblich verbessern.

Zudem sollten Betroffene unbedingt mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin über die Inkontinenz sprechen, denn es gibt zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten, die helfen können.

"Es sollte keinen Unterschied zwischen einer Herz- oder einer Blasenschwäche geben“ Karl Müller, Autor von „Verschwiegene Not – Tabuthema Inkontinenz"

Psychologe und Verhaltenstherapeut Karl Müller

Behandlungsmöglichkeiten bei Inkontinenz

Neben zahlreichen Hilfsmitteln für Inkontinenz gibt es je nach Ursache auch eine Vielzahl von Therapiemöglichkeiten. So sind etwa Medikamente wie Duloxetin oder Anticholinergika denkbar. Auch die Gabe von Östrogen kann Frauen mit Inkontinenz in den Wechseljahren helfen.

Je nach Ursache ist auch eine Operation möglich. Fisteln oder eine vergrößerte Prostata, die die Blase blockieren oder einschränken, können beispielsweise operativ entfernt werden. Bei der sogenannten „Schlingen-Operation“ kann die Harnröhre gestützt werden. Zudem kann ein Blasenschrittmacher oder ein künstlicher Schließmuskel bei Inkontinenz helfen.

Im ersten Schritt reichen aber oft auch weniger invasive Methoden aus. Blasentraining oder Beckenbodentraining können gerade bei einer Belastungsinkontinenz gute Erfolge erzielen. Diese werden oft von der Krankenkasse übernommen, beispielsweise für Frauen nach der Geburt.

Manchmal kann auch eine Elektrotherapie unterstützen. Zusätzlich sollten Betroffene auch psychologische Unterstützung in Betracht ziehen.

Die psychische Belastung bei Inkontinenz

Psychische Faktoren spielen bei der Inkontinenz augenscheinlich eine untergeordnete Rolle. Tatsächlich können sie aber eine große Belastung und sogar die Ursache für unangenehme Situationen sein. Oft führt beispielsweise die Angst zu Inkontinenz-Vorfällen, etwa indem vorbeugend häufig zur Toilette gegangen wird und die Ausscheidungen so noch schlechter eingehalten werden können.

Scham, Schuldgefühle und Ängste sind bei Betroffenen in sozialen Situationen häufige Begleiter. Dabei können nicht nur die richtigen Inkontinenz-Hilfsmittel helfen, die beispielsweise sehr viel mehr Flüssigkeit aufnehmen als Produkte aus der Drogerie. Verhaltenstherapie und/ oder Gesprächstherapie sind wichtige Stützpfeiler einer Inkontinenz-Behandlung.

Auslöser wie Stress oder ängstigende Situationen können so herausgefiltert und verbessert werden. Zudem lernen Betroffene mit der Inkontinenz umzugehen und sie besser im Alltag zu integrieren.

Autoreninformation

Elisabeth Maußner

Medizinische Redakteurin

Elisabeth Maußner ist studierte Journalistin und schreibt bei der ärzte.de MediService GmbH & Co. KG seit 2017 zu medizinischen Themen. Ihr Ziel: komplexe Zusammenhänge und wissenschaftliche Hintergründe einfach und für jeden verständlich auszudrücken. Die erfahrene Autorin hat bereits über 400 Artikel zu Gesundheits- und Medizinthemen verfasst, die u.a. auf aerzte.de, sanego.de und arzttermine.de veröffentlicht wurden.

Außerdem durfte sie Erfahrung beim Radio und beim Produzieren von Videos sammeln.

Persönlich interessiert sie sich insbesondere für Kinder- und Frauengesundheit, eine ausgewogene, intuitive Ernährung und die Digitalisierung im Gesundheitswesen.

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