Was ist eine Psychose

Psychosen sind relativ häufig, schätzungsweise bis zu 2% der Gesamtbevölkerung erkranken einmal im Leben daran. Manche Menschen sind aufgrund bestimmter Voraussetzungen anfälliger für Psychosen, andere beginnen erst bei massiver psychischer und physischer Belastung darunter zu leiden. Bei einer Psychose verändern sich Denken sowie Wahrnehmung der eigenen Person und der Umwelt und auch der Antrieb für Handlungen. Außen- und Innenwelt verschwimmen bei einer Psychose, die eigene Vorstellung wird für Betroffene zur Wirklichkeit. Im Prinzip kann eine Psychose jeden von uns treffen. In belastenden Situationen, beispielsweise durch den Verlust eines geliebten Menschen oder anderer einschneidender Ereignisse im Privat- und Berufsleben, steigen wir naturgemäß zeitweise aus der Realität aus und ziehen uns in unsere eigene Welt zurück. Dieser Schutzmechanismus ist besonders bei sensiblen Menschen völlig normal. Kommen jedoch akustische und/oder optische Halluzinationen, Wahnvorstellungen und extreme Verhaltensänderungen hinzu, sollten Sie sich nicht scheuen einen Arzt aufzusuchen. Denn besonders wenn die schützende Wirkung anderer Faktoren wegfällt (gute soziale Einbindung, gute persönliche Bewältigungsfähigkeiten), ist das Risiko noch größer, dass sich aus einer Belastungssituation eine Psychose entwickelt.
Psychose Arten
Die Einteilung von Psychosen erfolgt in organisch bedingte Psychose und nicht-organisch bedingte (endogene) Psychosen. Die endogenen Psychosen werden wiederum in affektive Psychosen (Manie,
Depression, manisch-depressive Erkrankung) und schizophrene Psychosen untergliedert.
Dann gibt es noch posttraumatische reaktive Psychosen. Sie treten nach extremer psychischer Belastung auf. Opfer und Zeugen von Verbrechen, Katastrophen, Krieg oder Unfällen sowie Hinterbliebene nach Todesfällen entwickeln oft Symptome einer Psychose.
Bei organischen Psychosen sind Schädigungen des zentralen Nervensystems, exzessiver Alkoholmissbrauch und die Einnahme von Drogen (Amphetaminen, Haschisch, LSD, psilocybinhaltigen Pilzen, Meskalin) der Grund für die psychotischen Symptome. Auch Verletzungen und Erkrankungen des Gehirns können eine Psychose verursachen, zum Beispiel Hirntumore, Schädelhirntrauma, frühkindliche Hirnschädeln, Hirnhautentzündung, Epilepsie, Demenz. Hormonell bedingte Erkrankungen wie eine Schilddrüsenüberfunktion und eine Schilddrüsenunterfunktion gehören zu den Verursachern einer organischen Psychose.
Treten die psychotischen Krisen wiederholt auf, halten sie lange an und finden sich keine speziellen Auslöser, wie Drogenkonsum, extreme Belastungen oder organische Ursachen, so spricht man von schizophrenen Psychosen. Bei dieser schweren geistigen Störung wird neben Problemen in frühester Kindheit eine gewisse genetische Disposition als Krankheitsursache vermutet.
Bei affektiven Psychosen äußert sich die psychische Störung vor allem im Gefühlsleben. Die Betroffenen erleben Stimmungen in Form von Hochgefühlen (Manie) oder in Form von tiefster Niedergeschlagenheit (Depression). Bei manchen wechseln beide Stimmungsextreme miteinander ab (manisch-depressiv). Die Anzeichen einer Depression sind dabei die Unfähigkeit, Gefühle zu empfinden. Wut, Trauer und Freude werden nicht mehr wahrgenommen. Die Betroffenen leiden unter Antriebsarmut und sind manchmal auch zu gar keinen Aktivitäten in der Lage. Die Manie zeigt sich in völliger Selbstüberschätzung des Betroffenen, Überaktivität, ständigem Redefluss, eventuell Streitsucht oder schamlosem Verhalten.
Psychose Ursachen

Psychosen sind sehr komplexe Erkrankungen, die individuell völlig verschieden sind. Sowohl biologische als auch psychosoziale Faktoren tragen zur Entstehung einer Psychose bei. Besonders Menschen mit einer genetisch bedingten Neigung zu Psychosen sind anfällig für Psychosen in Stress-Situationen wie Pubertät, Trennung, Überarbeitung, Umzug, Scheidung, Verlust oder Todesfall eines nahestehenden Menschen.
Biologische Ursachen
Als eine biologische Ursache von Psychosen werden Störungen von sogenannten Neurotransmittern (Botenstoffe für die Reizweiterleitung zwischen Nervenzellen) angesehen. Bei Psychosen wird angenommen, dass unter anderem eine Über- oder eine Unterfunktion von
Dopamin an der Ausprägung verschiedener Symptome beteiligt ist.
Dopamin ist in unserem Körper erforderlich für körperliche und seelische Aktivität und inneren Antrieb, das allgemeine Wohlbefinden, Grundgelassenheit und Lebensfreude, kraftvolle, harmonische Bewegungsabläufe, effektive und effiziente Feinmotorik, Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, Überwindung von diffusen inneren Ängsten, die Funktion der Eingeweideorgane sowie von Herz und Kreislauf und die Aktivierung des Immunsystems.
Dopamin steigert unsere Wahrnehmungsfähigkeit erheblich. Menschen, die an einer Psychose leiden, leiden unter einem nicht mehr steuerbaren Zuviel an Eindrücken. Ununterbrochen ist jeder Mensch Wahrnehmungen, Empfindungen, Eindrücken, Gefühlen ausgesetzt. Ein gesunder Mensch nimmt davon jedoch nur ungefähr 10 Prozent bewusst wahr. Verdoppelt sich der Anteil der bewussten Wahrnehmung auf 20 Prozent, so stehen die meisten Menschen kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Wenn es noch mehr wird, dann werden Seele und Geist des Betroffenen krank. Er kann nicht mehr bewerten, was wichtig ist, und was nicht.
Für positive Symptome einer Psychose wie Wahn und Halluzination scheint eine Überaktivität des Dopamins in dem Teil des Gehirns zu bestehen, in dem Reize von außen verarbeitet werden und Angst und Emotionen reguliert werden (Mesolimbisches System). Für negative und kognitive Symptome wie Lustlosigkeit, Energiemangel, Konzentrationsstörungen und sozialer Rückzug scheint eine Unteraktivität des Dopamins in dem Teil des Gehirns zu bestehen, das für kognitive Fähigkeiten (betreffen den Verstand) und Motivation zuständig ist (Mesokortikales System).
Psychosoziale Ursachen
Die Anfälligkeit in stressigen Lebensabschnitten mit Symptomen einer Psychose zu reagieren, besteht bei allen Menschen. Stressige Lebensabschnitte sind beispielsweise Pubertät, Schulabschluss, Heirat, Verlust eines nahestehenden Menschen, Schwangerschaft, Jobverlust, Überbelastung am Arbeitsplatz oder Lebensereignisse, die persönlich als kritisch empfunden werden. Wenn diese Belastungen mit einer Anfälligkeit für Psychosen und nicht ausreichenden Bewältigungsmöglichkeiten zusammenfallen, können sie bei entsprechender Neigung zu psychotischen Symptomen führen. Die Wahrscheinlichkeit zur Entstehung einer Psychose erhöht sich, wenn verschiedene Risikofaktoren zusammenkommen.
Dies können sein:
- Diagnose einer psychischen Störung im Kindes- und Jugendalter
- Familiäre Vorbelastung
- Asperger-Syndrom (Variante des Autismus)
- Infektionen des zentralen Nervensystems während der Kindheit
- Drogenmissbrauch vor dem 15. Lebensjahr (Cannabis, Kokain und Amphetamine)
- Frühkindliche Entwicklungsstörungen mit Sprachdefiziten, verzögerter Laufentwicklung
- Schwierigkeiten bei Schwangerschaft und Geburt, beispielsweise schlechte Ernährung, ständige Infektionen, Alkohol- und Drogenmissbrauch der Mutter während der Schwangerschaft, Frühgeburt, Sauerstoffmangel des Säuglings während der Geburt
Psychose Symptome

Die Symptome einer Psychose sind vielfältig. Man kann sie in vier Kategorien einteilen: Es gibt positive Symptome einer Psychose (dazu gehören Halluzinationen und Wahnvorstellungen), negative Symptome der Psychose (das sind Antriebsarmut, Konzentrationsmangel, sozialer Rückzug), kognitive Symptome einer Psychose (Störungen, die das Denken betreffen, Verwirrung) und Ich-Störungen bei Psychosen (wenn zum Beispiel vertraute Gegenstände und Personen plötzlich fremd erscheinen sowie wenn die eigenen Gedanken als von außen her gesteuert wahrgenommen werden).
Je nach Ausmaß der Symptome besteht aufgrund von aggressivem, teilweise selbst zerstörerischem Verhalten eine Gefährdung für den Betroffenen selbst oder auch für andere, so dass manchmal die stationäre Unterbringung in geschlossenen Abteilungen psychiatrischer Zentren notwendig wird.
Anzeichen
Die ersten Anzeichen eine Psychose sind für Betroffene selbst und auch für ihre Familie, Freunde und Kollegen häufig nur sehr schwer zu erkennen und zu deuten. Denn beobachtete Verhaltensauffälligkeiten einer Psychose werden oftmals fälschlicherweise der Pubertät, einem Drogenmissbrauch oder bloßer Faulheit, Arroganz oder Ignoranz zugeschrieben. Symptome wie
Aggressivität, Feindseligkeit,
innere Unruhe, die als Reaktion auf Unverständnis, amüsierte Kommentare oder auch Vorwürfe auftreten können, führen in der Folge nicht selten zu Fremd- oder eigengefährdetem Verhalten. Menschen mit Psychosen bringen sich in Situationen, die gefährlich werden können. Sie provozieren beispielsweise eine Schlägerei oder schneiden sich selbst mit scharfen Gegenständen in den Unterarm.
Bei folgenden Veränderungen sollten Sie genauer hinschauen und den Ursachen dafür auf den Grund gehen:
- Unruhe, Nervosität, Reizbarkeit
- exzessives Schlafbedürfnis oder Schlafverzicht
- Appetitlosigkeit
- plötzlicher Mangel an Energie
- Stimmungsschwankungen, Gefühlskälte, Depressionen
- ständige Angst, beobachtet, kontrolliert, verfolgt und geschädigt zu werden
- Konzentrationsschwierigkeiten, äußerst geringe Belastbarkeit bei Stress
- Misstrauen gegenüber allem und jedem
- Abbruch von Kontakten zu Familie, Freunden und Rückzug in die eigene Welt
- plötzliches Interesse an übernatürlichen Dingen
- intensivere Wahrnehmung von Geräuschen und Farben
- Gefühl, Dinge zu hören, sehen, riechen, schmecken, die andere Menschen nicht wahrnehmen und die nicht wirklich existieren. Dazu gehören auch die Behauptungen, Stimmen zu hören und die Gedanken andrer Menschen lesen zu können. Aber auch das Gefühl, andere könnten auf die eigenen Gedanken Zugriff haben und diese kontrollieren oder steuern
Krankheitsverlauf
Psychosen verlaufen in Schüben. Man kann sie in mehrere Phasen unterteilen:
Die Phase erster psychischer Veränderungen bis zum durchgängigen Auftreten von Halluzinationen und/oder Wahnvorstellungen bezeichnet man als Prodromalphase (Vorläuferphase). Die Prodromalphase der Psychose dauert etwa zwei bis fünf Jahre an. Diese lange Zeit kommt dadurch zustande, dass die ersten Anzeichen einer Psychose häufig für die Betroffenen und auch für ihr soziales Umfeld nur sehr schwer zu erkennen sind.
Es folgt die Phase der unbehandelten Psychose. Sie dauert etwa sechs bis zwölf Monate und bezeichnet den Zeitraum vom durchgängigen Auftreten von Symptomen einer Psychose bis zur ersten Behandlung. Die Betroffenen nehmen die persönlichen Veränderungen nicht wahr, sie weigern sich häufig, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Zum vollständigen Ausbruch der Psychose mit totalem Realitätsverlust und dem Unverständnis einzusehen, dass man krank ist, kommt es in der Akutphase.
Wenn der Zustand stabilisiert wurde und akute Symptome verschwunden sind, negative Symptome wie Antriebsarmut, Konzentrationsmangel, sozialer Rückzug jedoch bestehen bleiben, spricht man von der Langzeitphase. Rückfälle in die akute Phase sind möglich.
Viele Menschen mit einer Psychose haben auch noch andere psychische Probleme, die unbehandelt zu einer Verschlechterung der Psychose führen können. Suchtmittelkonsum (Alkohol, Drogen) wird zunächst als Selbstmedikation betrieben und dient der Beruhigung, weil das eigene Verhalten und die eigenen Gefühle Angst oder Verwirrung auslösen. Später jedoch führt dieser Suchtmittelmissbrauch zur sozialen Isolation und zur Unfähigkeit, mit ernsthaften Lebenskrisen fertig zu werden. Besteht noch keine Psychose und war das Suchtmittelproblem zuerst da, ist der Übergang in eine Psychose möglich. Auch eine Depression kann sowohl Folge einer Psychose sein als auch zur Entstehung von Psychosen beitragen. Etwa wenn die Depression als Schutzmechanismus eingesetzt wird, um nicht psychotisch zu werden. Bei Angsterkrankungen sind vor allem die soziale Phobie oder die Panikstörung häufige Begleiter der Psychose.
Psychose Diagnose

Vor allem in den ersten 24 Monaten ändert sich das Erscheinungsbild einer Psychose häufig. Das führt dazu, dass Menschen mit einer Psychose oftmals viele verschiedene Diagnosen erhalten, was sie sehr verunsichert. Vertrauen und absolute Ehrlichkeit gegenüber dem behandelnden Arzt ist daher wichtig, um zu einer eindeutigen Diagnose, zu einer erfolgreichen Therapie und zu der persönlichen Einstellung zu gelangen, mit der Psychose leben zu können.
Bei der Therapie sollte das familiäre Umfeld berücksichtigt werden und organische Ursachen der Psychose müssen beispielsweise durch Blut-Untersuchungen und/oder Computer-Tomografie des Gehirns (CT) im Vorfeld ausgeschlossen werden. Ebenso wichtig ist ein ausführliches Patientengespräch (Anamnese) durch den psychiatrischen Facharzt und /oder Psychotherapeut.
Mögliche organische Ursachen einer Psychose sind zum Beispiel:
Delir: Dieser Verwirrtheitszustand (Bewusstseinsstörungen, Orientierungsschwierigkeiten, Halluzinationen, zitternde Hände, übermäßiges Schwitzen) tritt als Entzugssymptom bei Medikamenten-, Drogen-, Alkohol- oder anderen Substanzabhängigkeiten auf. Er kann aber auch die Folge einer Hirnverletzung sein. Ein Patient im Delir gehört auf jeden Fall in intensivmedizinische Betreuung. Neben der Überwachung der Vitalfunktionen, Elektrolyten und Flüssigkeitshaushalt wird oft eine medikamentöse Dämpfung der inneren Unruhe als Schutz vor Selbstverletzungen nötig.
Erkrankungen der Schilddrüse: Sie können psychoseähnliche Zustände verursachen, ebenso auch andere Stoffwechselerkrankungen, beispielsweise eine beginnende Unterzuckerung bei Diabetes. Eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) führt häufig zur Apathie (Antriebslosigkeit), Konzentrationsschwäche, Bewusstseinsstörungen und Verlust des Orientierungssinns. Bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) können gesteigerte Nervosität, Gereiztheit, Schlaflosigkeit und Zittern der ausgestreckten Finger vorkommen.
Substanzinduzierte Psychose: Die Psychose tritt als Folge des Konsums von Drogen wie LSD oder Cannabis auf. Das High-Gefühl beim Drogenkonsum wird auf eine verstärkte Ausschüttung von Dopamin zurückgeführt. Verantwortlich dafür ist ein Belohnungssystem im Gehirn. Kernbereich ist der Nucleus accumbens, der durch Drogen stimuliert wird. Dabei erhöht sich die Dopaminkonzentration im Bereich des Nucleus accumbens. Die Stimulation funktioniert bei Opiaten, Kokain und Amphetaminen. Andere Drogen bewirken eine Hemmung des Neurotransmitters Noradrenalin. Diese Hemmung von Noradrenalin führt zu einer verstärkten Wirkung von Dopamin. Auch auf diese Weise wird das Belohnungssystem aktiviert. Drogen, die diese indirekte Stimulation vermutlich ausüben, sind Opiate, Alkohol, Barbiturate und Benzodiazepine. Nikotin und Koffein stimulieren ebenfalls das Belohnungssystem. Der Abfall der Dopaminkonzentration durch Entzug der Drogen führt zu einer Verminderung von Dopamin im Belohnungssystem. Das Glücksgefühl kehrt sich ins Gegenteil um und kann zu depressiven Verstimmungen führen.
Degenerative Erkrankungen: Im Rahmen einer Multiplen Sklerose (MS) können in seltenen Fällen ebenfalls psychoseähnliche Zustände auftreten. Häufiger tritt im Zusammenhang mit Multipler Sklerose eine Depression auf.
Intrazerebrale Raumforderungen: Hirntumore können psychotische Symptome verursachen. Bei einem sich langsam entwickelnden Hirntumor nimmt das sogenannte Durchgangssyndrom zu und geht fließend in eine Bewusstseinstrübung über. Das Durchgangssyndrom (auch Funktionspsychose genannt) ist eine leichte Form der organischen Psychose. Hierbei treten zeitlich begrenzt eine Reihe von Störungen auf. Besonders auffällig ist der abrupte Wechsel von Stimmungen. Es zeigen sich Episoden von depressiver und ängstlicher Verstimmung, aber auch plötzliche Stimmungsaufhellungen, Perioden von Antriebsstörungen oder großer innerer oder körperlicher Unruhe. Daneben sind häufig eine Verlangsamung des Denkens und eine Gedächtnisschwäche, vor allem bezüglich aktueller Ereignisse zu beobachten. Schlafstörungen und schwere Alpträume beängstigen die Patienten. In einzelnen Fällen kann es, vorwiegend nachts, kurzzeitig zu Verwirrtheitszuständen mit optischen Halluzinationen (Wahnbildern) kommen, die sich in ängstlicher Unruhe zeigen. Gelegentlich ist hierbei auch die zeitliche Orientierung gestört oder Personen und Gegenstände werden nicht mehr richtig zugeordnet.
Neurologische Erkrankungen: Auch Erkrankungen wie Epilepsie oder Morbus Parkinson können mit psychotischen Symptomen einhergehen. Besonders Antiparkinson-Medikamente verursachen oft psychische Nebenwirkungen. Als Symptome bei der Psychose von Parkinson-Patienten können beispielsweise. Halluzinationen, Verfolgungswahn, Verkennung der Umgebung und der Situation, Desorientiertheit sowie schwere Erregungszustände auftreten. Eine Ursache der psychischen Nebenwirkungen von Medikamenten liegt darin begründet, dass die zur Behandlung des Parkinson verabreichten Medikamente nicht nur die für die motorischen Wirkungen zuständigen Dopamin Rezeptoren stimulieren, sondern auch Dopamin Rezeptoren in anderen Hirnarealen, welche nicht von der MS-Erkrankung betroffen sind.
Infektionen: Infektionen des Nervensystems wie Enzephalitis (Gehirnentzündung) oder Meningitis (Gehirnhautentzündung) können psychotische Symptome hervorrufen.
Die Meningitis (Hirnhautentzündung) beginnt mit Mattigkeit, Abgeschlagenheit, Frösteln, Kopfweh und Gliederschmerzen sowie leichter Temperaturerhöhung. Dann folgen heftigste Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, oft Seitenlage mit gebeugten Armen und Beinen sowie Berührungsüberempfindlichkeit. In diesem Zustand ist das Bewusstsein getrübt, es drohen Verwirrtheitszustände und Delir.
Die Enzephalitis (Gehirnentzündung) beginnt meist akut, zum Beispiel mit Anfällen oder Lähmungen. In jedem zehnten Fall treten auf: Unruhe, Nervosität, Reizbarkeit, seelisch-körperliche Unruhe, ggf. Erregungszustände mit Verkennung der Umgebung und aggressiven Durchbrüchen. Manche Menschen mit Enzephalitis sind aber auch still, verwirrt, desorientiert, verlangsamt, gleichgültig und leiden an Antriebslosigkeit. Meist sind sie bewusstseinsgetrübt. In fast der Hälfte der Fälle droht im akuten Krankheitsstadium eine exogene Psychose (durch äußere Faktoren ausgelöst) mit besonderer Ausprägung obiger Symptome bis hin zu Verwirrtheit, Dämmerzuständen. Da in solchen Fällen die Bewusstseinsstörung nur leicht ausgeprägt sein kann und typischerweise wechselt, sind Verwechslungen mit einer endogenen Psychose (Schizophrenie mit Sinnestäuschungen) nicht selten.
Schädel-Hirn-Trauma: Ein Schädel-Hirn-Trauma kann mit psychotischen Symptomen einhergehen. Das Schädel-Hirn-Trauma setzt neben der Läsion am Einwirkungsort im gesamten Gehirn verteilte Läsionen, die wegen ihrer Kleinheit meist mit bildgebenden Verfahren nicht darstellbar sind. Durch Störungen verschiedener Neurotransmittersysteme an diesen Stellen kann eine schizophrene Psychose hervorrufen werden.
ICD-10 Klassifikation der Psychose
Die
Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstellt. Die Abkürzung ICD steht für International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, die Ziffer 10 bezeichnet die 10. Revision der Klassifikation.
Für Psychosen gilt die folgende Einteilung:
Diagnose nach ICD-10 | Definition |
Akute vorübergehende psychotische Störung (F23) | Psychotische Symptome treten zumeist plötzlich und häufig als Reaktion auf einen großen persönlichen Stress auf, z. B. den Tod eines nahen Angehörigen oder ein anderes schweres Trauma. Die Symptome sind häufig sehr schwer, jedoch tritt bei den meisten Betroffenen eine schnelle Genesung ein |
Schizophrenieforme Störung (F23.2) | Es gelten dieselben Kriterien wie bei der Schizophrenie, nur dass Veränderungen des Verhaltens und Symptome weniger als sechs Monate bestehen |
Schizophrenie (F20) | Beschreibt eine psychotische Störung, bei der Veränderungen des Verhaltens und Symptome über mindestens sechs Monate kontinuierlich bestehen. Die Symptome und die Dauer der Erkrankung sind individuell sehr unterschiedlich. Im Gegensatz zu früheren Annahmen leben viele Betroffene ein glückliches und erfülltes Leben und viele erreichen eine vollkommene Genesung |
Anhaltende wahnhafte Störung (F22) | Das überwiegende Problem bei diesem Typ der Psychose ist eine ausgeprägte wahnhafte Symptomatik. Andere Symptome treten nur sporadisch und in milderer Form auf |
Schizoaffektive Störung (F25) | Es gelten dieselben Kriterien wie bei der Schizophrenie, nur dass gleichzeitig Stimmungsveränderungen wie Manie und/oder Depression vorliegen. Im Vergleich zur Bipolaren Störungen treten schizophrene Symptome auch außerhalb von manischen und depressiven Phasen auf |
Undifferenzierte psychotische Störung (F29) | Keine der oben genannten Diagnosen passt zum klinischen Bild |
Psychose Behandlung

Bei der Behandlung von Psychosen wird meistens eine Kombinationstherapie aus psychotherapeutischen Maßnahmen und Medikamenten (Neuroleptika) eingesetzt. Darüber hinaus sollte die Selbstzerstörung oder der Suizid verhindert werden und versucht werden, Rückfällen entgegen zu wirken. Hilfe bei Psychosen bieten auch ambulanten medizinische Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen. Die Art der Psychose Behandlung richtet sich nach der Art, der Ausprägung und der Dauer der Symptome einer Psychose. Die medikamentöse Behandlung ist oftmals die Voraussetzung dafür, dass die Patienten ihren Problemen überhaupt die Stirn bieten können. Für den Therapie-Erfolg ist daher wichtig, dass die verordneten Medikamente regelmäßig und in der richtigen Dosierung eingenommen werden.
Ein akut psychotischer Patient braucht neben der Medikation zunächst auch Ruhe. Eine möglichst gewohnte Umgebung, viel Schlaf und Vermeidung von unnötigem Informationsstress wirken sich positiv aus. Bei längeren Krankenhausaufenthalten gibt es die Möglichkeit von Beschäftigungstherapie und anderen Formen des sozialen Trainings. Nach Entlassung aus der Klinik sollte über betreutes Wohnens und die Möglichkeit der Tagesstrukturierung und/oder Rehabilitation in Tagesstätten und Zuverdienstprojekten nachgedacht werden.
Die meisten Patienten begeben sich auf Wunsch ihrer Eltern oder von sich aus in eine Behandlung. Es kommt aber auch vor, dass Menschen mit Psychose zwangsweise eingewiesen werden müssen. Diese Patienten fühlen sich dann oft bedroht und – aus ihrer Todesangst heraus – werden sie manchmal gegenüber den Rettungskräften gewalttätig. Solche Patienten müssen dann durch Medikamente ruhiggestellt werden.
Bei organischen Psychosen wird zunächst die körperliche Grunderkrankung behandelt, zum Beispiel wird eine Tumoroperation vorgenommen, ein Alkohol- oder Drogenentzug durchgeführt, eine Schilddrüsenfunktionsstörung behandelt und dann zusätzlich oft noch Neuroleptika gegen die Psychose verabreicht.
Die Behandlung von schizophrenen Psychosen umfasst eine Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie. Eine Tagesstruktur wird aufgebaut, verloren gegangene Fähigkeiten werden geschult und wieder ans Tageslicht geholt.
Im akuten Stadium werden bei affektiven Psychosen Neuroleptika eingesetzt, bei Depressionen werden Antidepressiva gegeben. Begleitend wird eine verhaltenstherapeutische Psychotherapie durchgeführt.
Psychose Medikamente
Zur Behandlung von Psychosen werden Neuroleptika eingesetzt. Neuroleptika dämpfen Angst, Erregung, Spannung und Aggressivität. Sie können Wahnvorstellungen und Halluzinationen zurückdrängen. Neuroleptika können aber Psychosen nicht heilen, sie können lediglich die Symptome bessern. Voraussetzung ist allerdings, dass die Neuroleptika regelmäßig wie verordnet eingenommen werden. Die Art der Medikation und die Dosierung werden individuell vom Arzt festgelegt. In der Regel setzt die volle antipsychotische Wirkung der Neuroleptika erst nach 2-3 Wochen ein. Nach der ersten akuten psychotischen Phase dauert die medikamentöse Behandlung in der Regel ein bis zwei Jahre, nach einem zweiten Schub mindestens fünf Jahre. Wichtig ist, genau abzuklären, mit welchen unerwünschten Wirkungen der jeweilige Patient am besten zurechtkommt.
Bei einigen Medikamenten gibt es mehr oder weniger starke Nebenwirkungen wie beispielsweise Muskellähmungen, Muskelkrämpfe oder Muskelzuckungen, Mundtrockenheit. Andere wirken sehr stark sedierend (ruhigstellend) oder erzeugen Ängste. Neuroleptika werden in zwei Gruppen eingeteilt: Neben den klassischen Neuroleptika, die es schon lange gibt, werden oft noch sogenannte atypische Neuroleptika eingesetzt.
Klassische Neuroleptika
Die Wirkstoffe Chlorprothex,
Clozapin,
Perazin,
Fluanxol,
Fluphenazin,
Haloperidol,
Levomepromazin,
Melperon gehören zu den klassischen Neuroleptika. Sie werden eingesetzt, um positive Symptome einer Psychose wie Halluzinationen und Wahnvorstellungen abzumildern. Klassische Neuroleptika blockieren Rezeptoren an den Nervenzellen, an die der Botenstoff Dopamin andockt. Das führt dazu, dass die Wirkung von Dopamin reduziert wird, die Patienten werden ruhiger und gleichgültiger. Allerdings gibt es die Art von Nervenzellen, an die Dopamin andockt, auch in Gehirnteilen, die für die Steuerung für Bewegungen zuständig sind. Bei Langzeitgebrauch können klassische Neuroleptika daher schwere
Bewegungsstörungen hervorrufen.
Die Bewegungsstörungen können in verschiedenen Phasen der Psychose Behandlung auftreten. Zu Beginn der Behandlung zeigen sich häufig sogenannte Frühdyskinesien. Das sind Bewegungen, die nicht willentlich zu beeinflussen sind. Der Kopf wird in den Nacken geworfen, die Zunge krampfartig hinausgestreckt, die Kaumuskulatur und der Blick verkrampfen sich. Medikamente mit dem Wirkstoff Biperiden können dann für die nötige Muskelentspannung sorgen. Nach einer Woche, manchmal aber erst nach mehreren Monaten kann sich Bewegungsunruhe und ein Gefühl des Nicht-stillsitzen-Könnens (Akathisie) einstellen, begleitet von quälender innerer Unruhe. Dazu kommen parkinsonähnliche Beschwerden: die Bewegungen werden zittrig, die Schritte klein, die Mimik wird starr, das Denken verlangsamt sich rapide. Biperiden kann zwar auch hier eingesetzt werden, doch als Dauertherapie ist es nicht geeignet. Der Arzt wird stattdessen versuchen, auf ein alternatives Neuroleptikum umzusteigen. Bei chronischer Gabe von klassischen Neuroleptika können als Spätfolge sogenannte Spätdyskinesien auftreten. Gekennzeichnet sind diese durch ein Rollen der Zunge, Grimassenschneiden und andere unwillkürliche Bewegungen des Körpers und der mimischen Gesichtsmuskeln. Eine Behandlung mit klassischen Neuroleptika wird daher vom behandelnden Arzt genau nach Nutzen und Risiken abgewogen und kontrolliert.
Vorsicht ist auch bei starker Sonnenbestrahlung geboten. Denn die Haut reagiert nach Einnahme klassischer Neuroleptika häufig sehr empfindlich auf UV-Strahlung, bekommt Sonnenbrand und juckt sehr stark.
Meiden Sie außerdem Kaffee und Tee. Die darin enthaltenen Gerbstoffe verringern die Wirkung von Neuroleptika. Die dämpfende Wirkung von Alkohol, Schlafmitteln und Schmerzmitteln wird bei gleichzeitiger Einnahme von Neuroleptika hingegen verstärkt. Es kann zu Bewusstseinsstörungen und Atemaussetzern kommen.
Chlorprothexin, Levomepromazin, Melperon und Perazin gehören zu den sogenannten niederpotenten Neuroleptika. Sie wirken schwach antipsychotisch und stark dämpfend. Sie machen sehr müde und eignen sich vor allem, wenn bei den Symptomen der Psychose hochgradige Angst, Unruhe, Erregung dominieren und wenn behandlungsbedürftige Schlafstörungen vorliegen.
Flupentixol und Fluphenazin wirken stark antipsychotisch und dämpfen wenig. Sie eignen sich bei akuten Psychosen und werden eingesetzt, um neuen Schüben vorzubeugen. Wenn gleichzeitig eine Depression besteht, sollten Neuroleptika mit starker antipsychotischer Wirkung nicht eingesetzt werden.
Haloperidol ist das Mittel der Wahl für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die unter akuten Psychosen leiden. Bis sich die Psychose abschwächt dauert es in der Regel nur mehrere Tage. Bei allen anderen Medikamenten zwischen vier bis sechs Wochen.
Clozapin wird hauptsächlich zur Behandlung einer schweren Schizophrenie eingesetzt. Aber auch bei Psychosen, die im Verlauf einer Parkinson-Krankheit auftreten können, kommt es zum Einsatz.
Atypische Neuroleptika
Die sogenannten atypischen Neuroleptika wie beispielsweise solche mit den Wirkstoffen
Clozapin,
Risperidon,
Olanzapin,
Quetiapin,
Amisulprid,
Ziprasidon,
Zotepin oder
Aripiprazol werden eingesetzt für Psychosen mit überwiegend negativen Symptomen. Das sind vor allem Konzentrationsmangel, Verwirrung, sozialer Rückzug. Da diese Art Neuroleptika im Gegensatz zu den klassischen Neuroleptika kaum motorische Nebenwirkungen haben, werden sie als „atypisch“ bezeichnet. Die atypischen Neuroleptika verursachen bei vielen Menschen allerdings eine erhebliche
Gewichtszunahme und erhöhen dadurch das Risiko für
Diabetes Typ 2. Auch vegetative Symptome wie Mundtrockenheit, Harnverhaltung, Herzrasen sind nur gering.
Ebenso wie bei den klassischen Neuroleptika muss auch bei der Behandlung mit atypischen Neuroleptika das Blutbild und die Leberfunktion regelmäßig kontrolliert werden.
Cloazipin wird oft eingesetzt, wenn Menschen mit Psychose auf kein anderes Neuroleptikum angesprochen haben. Da das Risiko von lebensgefährlichen Blutbildungsstörungen hier besonders hoch ist, muss in den ersten 18 Wochen wöchentlich und dann alle vier Wochen ein Blutbild gemacht werden.
Olanzapin kann hilfreich sein, wenn die Psychose mit einer depressiven Störung einhergeht. Cloazipin und Olanzapin eignen sich auch, wenn die Psychose bei Parkinsonkranken behandelt werden soll. Vorsicht ist jedoch bei Anticholinergika geboten, die bei Parkinson verschrieben werden. Anticholinergika wirken dem Übergewicht des Nervenbotenstoffes Acetylcholin entgegen, das sich aus dem Dopamin-Mangel ergibt. Zusammen mit Cloazipin und Olanzapin kann allerdings ein Delirium ausgelöst werden. Halluzinationen, Herzrasen, Schwitzen, Desorientierung, Krampfanfälle und Gleichgewichtsstörungen sind dann die Symptome dieser Wechselwirkung. Alle anderen Neuroleptika machen die Wirkung von Medikamenten, die bei Parkinson eingesetzt werden, hingegen zunichte.
Quetiapin kann Müdigkeit und Blutdruckabfall verursachen. Die Herztätigkeit sollte hier regelmäßig kontrolliert werden. Vorsicht: Während der Behandlung mit Quetiapin sollten Sie keine Grapefruit essen und keinen Grapefruitsaft trinken. Denn das verstärkt die Wirkung des Neuroleptikums.
Risperidon dient der Behandlung von Psychosen mit Realitätsverkennung, Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Ein weiteres Einsatzgebiet sind Psychosen bei Patienten mit Demenz-Erkrankungen. Risperidon wirkt stark antipsychotisch und schwach beruhigend. Akute Schübe einer Psychose können mit Risperidon abgefangen werden und Rückfällen vorgebeugt werden.
Amisulprid wird bei Schizophrenie eingesetzt, um Wahnvorstellungen, Denkstörungen, unbegründetes Misstrauen und Feindseligkeit aufgrund von Wahnideen zu bekämpfen. Es holt Menschen mit Psychosen aus ihrer aufgrund von Misstrauen und Furcht selbst auferlegten Isolierung.
Ziprasidon und Zotepin können sowohl gegen so genannte Positiv-Symptome wie Halluzinationen und Erregungszustände eingesetzt werden als auch gegen Negativ-Symptome wie Antriebsmangel und sozialen Rückzug. Ziprasidon wirkt antipsychotisch und leicht antidepressiv, kann aber zu Herzrhythmusstörungen führen. Daher: Wenn Sie an einer Herzschwäche, an Herzrhythmusstörungen leiden oder kürzlich einen Herzinfarkt erlitten haben, sollten Sie statt Ziprasidon ein anderes Neuroleptikum anwenden. Durch eine Kombination mit Lithium (bei Depression) können sich die negativen Wirkungen von Ziprasidon auf das Herz verstärken.
Aripiprazol wirkt beruhigend, dämpft Wahnvorstellungen und wird zur Behandlung der Schizophrenie eingesetzt. Es bekämpft jedoch keine Angstzustände. Vorsicht: Die blutdrucksenkende Wirkung anderer Arzneimittel kann durch Aripiprazol verstärkt werden.
Lithium Präparate
Bei schizophrener Psychose muss eventuell zusätzlich noch ein Stimmungsstabilisator genommen werden. Arzneimittel mit Lithium werden insbesondere bei bipolaren Störungen bevorzugt, die phasenweise auftreten oder sich mehrfach wiederholen. Sie sollen Rückfälle verhindern. Wie genau Lithium wirkt, ist noch nicht eindeutig geklärt. Man vermutet, dass Lithium die Konzentration von Kalzium in den Nervenzellen verändert und damit ihre Reizweiterleitung erhöht.
Vorsicht ist bei gleichzeitiger Einnahme von klassischen Neuroleptika und Lithium geboten, da sich die Wirkung von Lithium durch klassische Neuroleptika unerwünscht hoch verstärken kann.
Psychotherapie
Damit Menschen mit Psychose lernen, mit ihrer Krankheit zu leben, müssen sie kontinuierlich therapeutisch begleitet werden. Wichtig für den Therapie-Erfolg einer Psychose ist es nicht nur, dass die verordneten Medikamente regelmäßig eingenommen werden, sondern auch, dass die Betroffenen aktiv mitarbeiten und die Therapie wollen. In Psychotherapien wie Gesprächstherapie, Verhaltenstherapie und anderer sozialpsychiatrischer Verfahren wird dann auch das persönliche Umfeld der Menschen mit Psychose analysiert, Familienangehörige werden mit einbezogen und unterstützt. Die eine Psychose auslösenden Probleme können durch eine Psychotherapie erkannt und besser verarbeitet werden. Dadurch steigt die Chance, später mit Unterstützung sozialer Hilfsdienste und der Familie wieder ein einigermaßen eigenständiges Leben führen zu können.
Das können Sie selbst tun
Vertrauen Sie Ihrer Familie, denn emotionale Unterstützung durch die Familie verhindert Rückfälle in die Psychose. Lassen Sie Ihre Familie an Ihrem Leben und an der Therapie so früh wie teilhaben. Denn nur, wenn alle wissen, was mit Ihnen los ist, können sie verstehen, was in Ihnen vorgeht.
Vermeiden Sie Drogen und/oder Alkohol, denn der anfängliche Beruhigungseffekt kehrt sich schnell ins Gegenteil um. Symptome der Psychose bleiben bestehen, es kommt zu häufigen Rückfällen, Abbruch der medikamentösen Behandlung und der Psychotherapie. Eine Heilung der Psychose ist bei fortbestehendem Suchtmittelkonsum kaum möglich.
Nehmen Sie Ihre Medikamente regelmäßig ein und setzten Sie sie auf keinen Fall auf eigene Faust einfach ab. Besprechen Sie Nebenwirkungen mit Ihrem Arzt. Es ist manchmal sehr mühselig, die richtige Balance zwischen Wirkung und Nebenwirkung herauszufinden. Haben Sie Geduld.
Statistisch erhöhen sich die Chancen auf Heilung, wenn Sie medikamentöse und psychosoziale Therapien/Hilfen kombinieren. Dabei gilt es auch hier, die richtige Balance zu finden. Jeder Betroffene muss dabei seinen ganz eigenen Weg zu der für ihn passenden Hilfe finden.
Psychose Hilfe

Tipps für Angehörige
Besonders für Angehörige von Menschen mit Psychosen ist es schwer, hilflos mit ansehen zu müssen, wie sich das Verhalten des Partners verändert. Die durch eine Psychose bedingten Veränderungen im Denken, Handeln und im Umgang mit anderen Menschen sind zunächst unverständlich und befremdlich. Denn Sie wissen ja nicht, was im Betroffenen vor sich geht. Oft entstehen Streitigkeiten, weil Menschen mit Psychose ganz selbstverständlich davon ausgehen, dass ihre Wahrnehmung von Dingen, die andere nicht sehen, riechen, schmecken, hören können, real und richtig sind. Sie verstehen nicht, dass für alle anderen nichts davon vorhanden ist, reagieren gereizt oder reagieren nicht mehr auf Ansprache. Auch Wahnvorstellungen sind ein großes Problem für die Angehörigen, denn sie können diese in keinster Weise nachvollziehen, fühlen sich von Vorwürfen verletzt, missverstanden und manchmal sogar vom aggressiven Verhalten der Betroffenen bedroht.
Häufig entstehen Schuldgefühle, weil man als Angehöriger mit der Situation überfordert ist oder sich über den wie ausgewechselt erscheinenden Partner, Freund oder Kollegen ärgert. Da die Patienten ihren alltäglichen Aufgaben kaum mehr nachgehen können, die eigene Körperpflege vernachlässigen und sich in den eigenen vier Wänden einkapseln, laufen Angehörige Gefahr, ihnen diese Aufgaben abzunehmen und dabei sich selbst zu überlasten. Dauern die psychotischen Phasen länger an, sind die Angehörigen bald körperlich und seelisch so erschöpft, dass sie selbst Hilfe benötigen.
Damit es nicht so weit kommt, ist es wichtig, die Psychose nicht als Spinnerei, sondern als ernstzunehmende Erkrankung zu akzeptieren. Psychosen sind kein Zeichen von Charakterschwäche, Faulheit oder Wichtigmacherei. Vorwürfe schaden hier ebenso wie der ständige Versuch, die Betroffenen durch gutes Zureden aus ihren Psychosen zu befreien. Bei Verdacht auf eine Psychose sollten Angehörige stattdessen die Initiative ergreifen und einen Arzttermin vereinbaren. Keine Angst, das hat nichts damit zu tun, dass man den Willen seines Partners übergeht oder ihn in etwas hineindrängt, was er/sie nicht will. Menschen mit Psychosen sind selbst nicht mehr in der Lage, ihre Situation realistisch ein zu schätzen, empfinden ihren Zustand als normal und glauben, dass sie keine Hilfe nötig haben. Als Angehöriger sollte man sich auch nicht scheuen, selbst Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es nutzt keinem etwas, wenn man sich für den geliebten Menschen mit Psychose aufopfert und dabei selbst die Kontrolle über das eigene Leben verliert.
Hilfe zur Selbsthilfe
Wenn bei Ihnen eine Psychose diagnostiziert wurde, ist es verständlich und normal, dass Sie dieser Diagnose kritisch gegenüberstehen. Doch gerade jetzt ist es wichtig, zu planen wie Sie mit der neuen Situation umgehen und leben können.
- Suchen Sie sich unbedingt professionelle Hilfe und einen Arzt oder Therapeuten, dem Sie vertrauen. Geben Sie diesen Menschen eine Chance, Ihnen zu helfen.
- Scheuen Sie sich nicht nachzufragen, wenn Sie etwas nicht verstehen
- Lassen Sie sich von Ihrem Partner, Ihrer Partnerin oder Ihren Angehörigen auf Ihrem neuen Weg begleiten. Die Familie kann Sie nur dann unterstützen, wenn sie gut über Ihre Psychose, die Gründe Ihres Leidens und Hilfsmöglichkeiten informiert ist
- Fragen Sie nach Selbsthilfegruppen, die Sie unterstützen können
- Lassen Sie sich Zeit, um sich auf die neue Situation einzustellen
Wichtiges Ziel einer jeden Therapie ist, dass Sie aktiv mitarbeiten. Falls Sie neben der Psychose auch noch ein Suchtproblem haben, dann müssen Sie es schaffen, ihre Sucht zu kontrollieren und abstinent zu leben. Nur dann heben Sie genau dieselben Heilungschancen wie die Menschen mit Psychose, die nie ein zusätzliches Suchtproblem hatten!
Viele Menschen mit Psychose haben jedoch oft zunächst keinerlei Motivation, ohne Drogen bzw. Alkohol zu leben. Und sie gehen davon aus, dass sie ihr Suchtproblem ohne weiteres selbst in den Griff bekommen. Aber das ist ein Irrglaube. Denn alleine schaffen Sie es nicht!
Nehmen Sie Hilfe an und erkundigen Sie sich nach suchttherapeutischen Möglichkeiten und beginnen Sie eine Suchttherapie. Fragen Sie nach speziellen Suchttherapien für Menschen mit Psychose und Sucht. Zumeist handelt es sich dabei um eine Verhaltenstherapie in Einzel- oder Gruppenform. Hier lernen Sie, die Gründe zu verstehen, warum Sie empfänglich für Drogen oder Alkohol sind. Dieses Verständnis wird es Ihnen leichter machen, der Sucht den Kampf anzusagen. Lassen Sie sich von Rückfällen nicht entmutigen, aber erwarten Sie auch keine kurzfristigen Wunder. Der Sucht den Rücken zu kehren und durchzuhalten ist ein langer Prozess. Doch dass Sie sich für Hilfe entschieden haben, ist der erste Schritt in die richtige Richtung!
Psychose Prognose

Der Ausbruch einer Psychose bedeutet für die Betroffenen einen herben Einschnitt in das bisherige Leben. In jungen Jahren verhindert die Psychose oft eine schulische oder berufliche Ausbildung. Die Beeinträchtigung des Leistungsvermögens verringert die Chancen auf dem Arbeitsmarkt dann später zusätzlich. Oft werden Menschen mit Psychose zum Sozialfall, bei fehlendem familiärem Rückhalt kommt es häufig zur sozialen Isolation.
Bei 10 bis 20% der Menschen mit Psychosen tritt die Erkrankung einmalig auf. Auslöser ist hier oft eine schwere Lebenskrise. Nach deren Bewältigung erleiden rund 30 % der Betroffenen in ähnlich schwierigen Situationen einen Rückfall.
Bei etwa 5 bis 10% kommt es direkt nach der ersten psychotischen Episode zu dauerhaften psychotischen Symptomen.
Menschen mit Psychose haben im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein zwei- bis fünffach erhöhtes Risiko für eine Suchterkrankung. Wenn eine zusätzliche Suchterkrankung therapiert wird, steigt die Heilungschance.
Je früher eine beginnende Psychose behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Ebenso, wenn verordnete Medikamente zuverlässig eingenommen werden und die Bereitschaft für eine Therapie vorhanden ist und erhalten bleibt..
Durch die medikamentöse und psychiatrische Behandlung und Betreuung können bei den meisten Menschen mit Psychose Rückfälle verhindert werden. Zuweilen treten aber doch die psychotischen Krankheitserscheinungen wieder auf. Häufig lässt sich ein Rückfall in die Psychose jedoch schon in einer Tagesklinik auffangen. Danach kann der Patient bald wieder ambulant weiter behandelt werden.
Quellen
Pschyrembel Klinisches Wöterbuch, 263. Auflage, De Gruyter
Redaktion/Bieni